Die Erbschaft von Immobilien: Wie soll man vorgehen und was gilt es zu beachten?

Die Vererbung von Immobilien ist in der Regel komplex und zieht eine Vielzahl an Fragen nach sich. Dabei geht es nicht nur um die erbrechtliche Auseinandersetzung, sondern ebenso um die steuerliche Planung sowie die langfristige Verwaltung von Vermögenswerten. Eine strukturierte Erfassung der Ausgangslage sowie eine klare Analyse der Bedürfnisse aller Erben stellt die erste Weichenstellung in diesem Prozess dar.

Ziele definieren & Interessen abstimmen

Bereits früh in der Nachlassverwaltung müssen Erben entscheiden, ob man in den Immobilien investiert bleiben möchte oder nicht. Immobilien können als langfristiger Wertspeicher ein interessantes Passiveinkommen generieren, besitzen aber auch ihre Risiken und binden viel Eigenkapital. Vor allem für jüngere Erben kann das gebundene Kapital zuweilen problematisch sein, wenn diese etwa afugrund der Lebensumstände einen höherer, unmittelbaren Bedarf an liquiden Mitteln haben (e.g. Studium, Bezug des ersten, eigenen Haushalts, Auswanderung).

Es ist daher ratsam, zuerst die wirtschaftlichen Zielsetzungen aller Erben zu verstehen und sich dann der Frage anzunähern, wie sich diese Ziele auf die vererbten Immobilien abbilden lassen. Hierzu muss jeweils stets der individuelle Fall analysiert werden. Dabei spielt auch die Betrachtung der Wirtschaftlichkeit eine Rolle. So ist nicht jede Liegenschaft, welche eine Erbengemeinschaft vielleicht weiterhin halten möchte, auch eine sinnvolle Investition. Dies trifft vor allem für Liegenschaften zu, die an Lageattraktivität verloren haben oder vor grosszyklischen Erneuerungen stehen. Eine kurze Einschätzung der Chancen und Risiken einer Immobilie oder eines Immobilienportfolios sollte daher allen weiteren Entscheidungen vorgezogen werden.

Erbteilungsvarianten und ihre Vor- und Nachteile

Mit dem Tod des Erblassers tritt die Erbengemeinschaft an seiner statt. Beim Immobilienerbe kommen damit automatisch zahlreiche, laufende Verbindlichkeiten auf die Erben zu, etwa Zinsen, Gebühren, Abgaben, Steuern, Handwerker- und Verwaltungshonorare. Es ist daher wichtig, sofern der Erblasser zeitlebens keine Regelungen und Vollmachten erteilt hat, möglichst zeitnah als Erbengemeinschaft handlungsfähig zu werden. Nichtzuletzt muss sich die Erbengemeinschaft auch einen klaren Überblick über bereits begonnen Renovations- und Sanierungsarbeiten verschaffen. Andernfalls drohen ihr schlimmstenfalls Zahlungsverzug und Haftungsfolgen.

Sobald der "Grundbetrieb" sichergestellt wurde und sich die Erben über Ziele und Interessenslagen ausgetauscht haben, können die Teilungsvarianten in Betracht gezogen werden. Jeder Erbe hat, nach Massgabe des Gesetzes und des Testaments, Anrecht auf seinen Anteil am Nachlass. In Bezug auf Immobilien gibt es die folgenden Grundvarianten für die Zuteilung dieser Anteile:

 

1.    Verkauf von Immobilien:

Die Verkaufserträge fliessen netto in den Nachlass. Als flüssige Mittel können sie relativ einfach zugeteilt werden. Durch die Begründung von Stockwerkeigentum können Immobilien auch in kleinere, verkaufbare Losgrössen unterteilt werden. Beim Verkauf von Immobilien wird typischerweise die Wertsteigerung "einkassiert", also der Betrag, um den die Immobilie während der Haltedauer des Erblassers an Wert zugelegt hat. Insbesondere bei Immobilien mit langjähriger Haltedauer und gleichzeitig intakten Gebäude- und Vermietungseigenschaften kann die Wertsteigerung umfangreich ausfallen. Es kann daher attraktiv sein, diesen gespeicherte Wertanstieg in Geld umzuwandeln.

Der Verkauf setzt allerdings voraus, dass die zu veräussernde Immobilie bewertet wird und von einem erfahrenen Makler am Markt platziert wird. Das gilt insbesondere bei Mehrfamilienhäusern, Gewerbeimmobilien oder Bauland. Diese professionellen Dienste haben naturgemäss ihre eigenen Kosten. Der Verkauf komplexer Immobilienvermögen dauert in der Regel auch mehrere Monate (oder gar Jahre) und verlangt auch von der Erbengemeinschaft eine Mitwirkung. Besonders wesentlich bei dieser Variante sind die Steuern. Beim Verkauf fällt nämlich die Grundstückgewinnsteuer an. Falls die verkaufte Immobilie im Geschäftsvermögen des Erblassers war, und nicht etwa in seinem Privatvermögen, können dadurch noch zusätzliche Steuerfolgen und Abgaben entstehen. Unter gewissen Konstellationen kann auch die Einzahlung von Vorbezügen des Erblassers aus der 2. Säule angeordnet werden. Bei den Steuerfolgen des Immobilienverkaufs dürfen die Auswirkungen auf die private steuerliche Situation der Erben ebenfalls nicht ausser Acht gelassen werden. Die Sinnhaftigkeit eines Immobilienverkaufs sollte demnach auch im Hinblick auf die private Steuersituation überprüft werden. Nichtzuletzt werden durch den Verkauf der Immobilie allfällige Entwicklungspotentiale ebenfalls mitverkauft. Das kann sich aus wirtschaftlicher Sicht rächen und sollte daher in der eingangs erwähnten Kurzanalyse mitberücksichtigt werden.

 

2.    Übernahme durch einen oder mehrere Erben:

Bei der Übernahme von Immobilien durch Erben sind die Übernehmenden verpflichtet, die anderen Erben entsprechend ihrer Anteile auszuzahlen. Auf der Immobilie selbst entsteht dadurch keine unmittelbare Steuerfolge, da die Grundstückgewinnsteuer damit aufgeschoben wird. Intakte und wirtschaftlich potente Immobilien können damit weiterhin ihre Erträge für die Übernehmenden generieren und als Langzeitanlage dienen. Für die Auszahlung der Erbanteile ist üblicherweise wieder eine Marktwertschätzung der Immobilie nötig.

Die grosse Herausforderung in der Praxis bei dieser Variante ist die Ausbezahlung. Da es sich bei Immobilien meistens um substanzielle Vermögenswerte handelt, sind die Anteilsauszahlungen auch betragsmässig hoch und nicht immer als flüssige Mittel vorhanden. Die Übernehmenden müssen daher oft durch einen Teilverkauf der Immobilie (e.g. Stockwerkeinheiten, Parzellen) oder die Erhöhung der Hypothek die benötigten Geldmittel beschaffen. Offenkundig zieht das wiederum Steuerfolgen, respektive eine höhere Verschuldung, mit sich. 

 

3.    Gemeinsam verwalten und entwickeln:

Je nach Situation kann es sinnvoll sein, die Liegenschaft im Miteigentum oder - für eine begrenzte Zeit - auch in der Erbengemeinschaft zu verwalten. Das ist vor allem bei Liegenschaften anzutreffen, wo etwa Betriebsunterbrüche oder die Aufsplittung des Eigentums verhindert werden sollen (e.g. Industrieliegenschaften, kulturelle Einrichtungen, Familienstammsitze). Gleichermassen kann die einfache Gesellschaft der Erben die ihr vererbten Immobilien weiterentwickeln, ohne einen Verkauf oder grosse Ausgleichszahlungen zu bemühen. Das Potential einer Immobilie bleibt somit für alle Erben erhalten.

Die Risiken dieses Vorgehens liegen insbesondere beim Organisatorischen und beim Steuerlichen. Unter den Erben muss eine gemeinsame und langfristig ausgelegte Vision mitgetragen werden. Die Betreuung der Liegenschaft bedeutet wesentlich mehr Aufwand und Verantwortung für alle Beteiligten. Des Weiteren kommen die steuerlichen Vorzüge des Erbganges nicht zum Tragen. 

Stolperstein Erbvorbezug & Einstimmigkeit

Erbvorbezüge sind ebenfalls ausgleichspflichtig. Handelt es sich bei den Erbvorbezügen um Geldbeträge, dann ist der Ausgleich meistens einfach durchführbar. Wenn bereits zu Lebzeiten des Erblassers eine Immobilie auf einen Erben übergegangen ist, wird die Situation komplizierter. Zwar lässt sich der Marktwert der Immobilie relativ unkompliziert per Todestag des Erblassers ermitteln, schwieriger wird aber die Beurteilung von Wertsteigerungen oder -Entwertungen seit dem Erbvorbezug. Hier müssen verschiedene Faktoren berücksichtigt werden, um die ausgleichspflichtigen Vermögenswerte festzustellen und sauber auseinander zu halten. 

Handlungen der Erbengemeinschaft unterstehen dem Einstimmigkeitsprinzip. Das kann die zeitnahe Teilung eines Immobilienerbes verzögern. In der Praxis bleiben dadurch wichtige immobilienspezifische Entscheide oftmals auf der Strecke. Das geht zu Lasten der Ertragskraft der Immobilie, da diese bis zur Teilung nur unter minimaler Betreuung steht. Hier bietet es sich an, als Erbengemeinschaft einen Profi beizuziehen, der die notwendigen Arbeiten und Analysen an die Hand nimmt (e.g. Verwaltung, Zustandsanalyse, Instandsetzungen, Buchführung, Steuerangelegenheiten, Finanzierungen).

 

Fazit
Der Interessensabgleich stellt die erste und vielleicht wichtigste Weichenstellung bei vererbten Immobilien dar. Es braucht eine gemeinsame Verständigung unter den Erben, wir mit dem Immobilienerbe umzugehen ist. Alle gängigen Teilungsvarianten haben ihre Vor- und Nachteile. Es ist daher empfehlenswert, eine Kurzanalyse von Chancen und Risiken hinter allen Varianten vorzunehmen. Dafür gibt es keinen allgemeinen Lösungsansatz, sondern jede Immobilie sowie auch jeder Erbfall muss individuell analysiert werden. Dabei gilt es letztlich auch Stolpersteine durch den Beizug eines Profis zu vermeiden und die bestmögliche Lösung für die Erbengemeinschaft zu erwirken.

Die Falck & Cie. AG steht Ihnen als regionaler Spezialist für das Immobilien- und Treuhandwesen gerne in diesen Fragen beratend zur Seite. Wir können Sie sowohl zu immobilienbezogenen Aspekten des Nachlasses als zur gesamten Nachlassverwaltung kompetent beraten.
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